Ein Forschungsteam von Google
Research behauptet, mit ihrem Quantenprozessor Sycamore eine
Aufgabe gelöst zu haben, die die Rechenkapazität von klassischen
Supercomputern übersteigt. Oft wird diese Fähigkeit als
Quantenüberlegenheit bezeichnet.
Google-Forscher haben bereits im
Jahr 2019 behauptet, mit einem früheren Sycamore-Modell
Quantenüberlegenheit demonstriert zu haben. In 200 Sekunden
sollte der Chip mit 53 supraleitenden Qubits eine Aufgabe gelöst
haben, für die ein Supercomputer 10.000 Jahre gebraucht hätte.
Allerdings zeigte
IBM wenige Tage später dann, dass ein Supercomputer diese
Aufgabe mit den richtigen Methoden in nur 2,5 Tagen lösen kann.
Google hatte die Rechenaufgabe extra dafür konzipiert, von
einem Quantencomputer schneller gelöst werden zu können
als von einem klassischen Supercomputer. Es gab keinen mathematischen
Beweis für die Überlegenheit des Quantencomputers, noch
einen praktischen Nutzen. Es hatte noch nie jemand zuvor versucht,
das spezielle Problem effizient mit einem Supercomputer zu lösen.
An die Ergebnisse aus dem Jahr 2019 schließt die neueste
Publikation des Forschungsteams um Alexis Morvan, Benjamin Villalonga,
Xiao Mi und Salvatore Mandra von Google Research und vom Quantum
Artificial Intelligence Lab des NASA Ames Research Center an und
wurde im Fachmagazin
Nature veröffentlicht. "Dieses Paper nimmt die Technik
der Arbeit von 2019 auf und macht sehr vieles sehr viel besser."
sagte Frank Wilhelm-Mauch, Leiter des Instituts für Quantencomputer-Analytik
vom Forschungszentrum Jülich.
"Random Circuit Sampling" ist der Name der Aufgabe, die
der Quantencomputer lösen soll und handelt um einen Quantenalgorithmus,
der eine Reihe von Zufallszahlen generiert. Die Forscher führen
eine Reihe von zufällig ausgewählten Quantengattern (quantenphysikalischen
Rechenoperationen) aus, um die Qubits in eine komplizierte Konfiguration
zu bringen, die für klassische Computer schwierig zu simulieren
ist.
Sabine Wölk vom DLR-Institut für Quantentechnologien
sagt: "Mir ist kein praktischer Nutzen von Random Circuit Sampling
bekannt". Es gebe aber sogenannte variationelle Quantenschaltkreise,
welche ähnlich aufgebaut sein könnten wie die von Google
erzeugten "random circuits. [...] Von diesen variationellen
Quantenschaltkreisen erhofft man sich einen Quantenvorteil, zum
Beispiel bei der Berechnung von chemischen Energien oder im Bereich
des maschinellen Lernens."
Die Google-Forscher betiteln ihre Publikation nun "Phase transitions
in random circuit sampling". Die Forscher schreiben erst im
Abstrakt, "dass die Rechenkosten unseres Experiments die Möglichkeiten
bestehender klassischer Supercomputer übersteigen."
Bereits kleinste Störungen zerstören die für Quantencomputing
wertvolle Quanteninformation. Bereits nach wenigen Rechenoperationen
werden die Ergebnisse einer Berechnung verrauscht und unbrauchbar.
Unklar ist, wie stark das Rauschen beziehungsweise die Fehlerquote
sein darf, damit ein Quantencomputer brauchbare Ergebnisse liefert.
In der neusten Veröffentlichung behaupten die Google-Forscher,
die Bedingungen besser verstanden zu haben, unter denen ein Quantencomputer
einen Vorteil gegenüber klassischen Systemen liefern könnte.
Das Team hat in seinem Experiment das Rauschen des Quantenprozessors
stufenweise erhöht. So haben sie die Qubits absichtlich gestört,
um herauszufinden, wann der Chip seine Quantenüberlegenheit
verliert.
Die Forscher verwendeten dabei eine neue Version des Sycamore-Prozessors
mit 67 supraleitenden Qubits. So fanden sie heraus, dass eine Verringerung
der Fehlerquote dazu führt, dass die Ergebnisse der Quantensimulation
nicht mehr von einem klassischen Supercomputer simuliert werden
konnten. Damit ein Supercomputer die gleiche Rechnung ausführt,
bräuchte er 10 Billionen Jahre, schätzen die Forscher.
Wölk erklärt, dass es für perfekte Quantencomputer
einfach sei, die Schwelle zu identifizieren, ab der sie klassischen
Computern überlegen sind. Dies sei bei fehlerbehafteten Quantencomputern,
wie sie heute existieren, nicht so einfach. "Die Ergebnisse
helfen, die Qualität realer Quantenhardware einzuschätzen
und ob es überhaupt möglich ist, einen Quantenvorteil
mit realer existierender Quantenhardware zu erzeugen." "Sie
helfen uns einzuschätzen, wie weit die reale Quantenhardware
bereits ist", sagt sie.
Wilhelm-Mauch sagt:. "Hiermit wird zementiert, dass Quantencomputer
klassischen Computern auch dann überlegen sind, wenn sie nicht
perfekt sind". "Allerdings ist es weiterhin ein synthetischer
Benchmark, der sich nicht ohne weiteres in eine echte Anwendung
übersetzen lässt."
(ts, hannover)
(siehe auch: Heise-News-Ticker)
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